Von Wien nach Trencin

Wolfgang, April 4. 2012

Um 9 Uhr morgens beginnt die Autobahnfahrt von Wien nach Bratislava. In Kittsee, dem Grenzübergang in die Slowakei, gibt es keine Grenzkontrollen mehr. Dort, wo wir noch vor 2o Jahren bis zu 1h Stunde warten mussten, damit Grenzpolizisten gnädigst in unsere Pässe, ins Gepäck und mit Spiegeln unters Autos schauten, sass nur mehr ein einsamer Angestellter, der die Autobahnvignetten  schläfrig an ein paar Touristen pro Stunde verkaufte. Auf meine Frage, ob er denn eine Autobahnkarte verkaufe, antwortete er nur: „in 2 km“. Antworten wie diese kannte ich schon aus kommunistischen Zeiten. Sie war korrekt, aber wenig hilfreich, konnten doch die 2km sich auf einen grossen Radius beziehen und Verkaufsorte einbeziehen, wo ein verwöhnter Tourist aus dem Westen niemals auf die Idee kam, dass da Autobahnpläne verkauft werden.

Bei schönste Wetter und wenig stauenden Verkehr fuhren wir durch die slowakische Hauptstadt und die Donau in Richtung Norden in das Waag- (Vach-)Tal. Wir machten einem kurzen Stopp bei einer Autobahnstation, wo bereits die Kraut- und Gemüsesuppen zum Mittagessen bereit standen. Kurz vor Mittag trafen wir in Trencin ein. Wir mussten von der Autobahn abfahren und   fanden nach der Waag-Brücke an der Fussgängerzone  durch die Altstadteinen Parkplatz mit Geldautomaten.

Wie hatte sich dieses Verschlafene Städtchen mit der grossen Trutzburg in den letzten 22 Jahren verändert! Damals wälzte sich der gesamte Schwerverkehr mit stinkenden Dieselmotoren durch die breite 4-spurige Strasse zwischen Waag  und der Altstadt, die nur aus zu verfallenden Häusern zu bestehen schien. Die Geschäfte sahen von aussen alle gleich aus, mit Warteschlangen und meist unfreundlichen Personal, die Leute auf der Strasse hatten alle Ostkleidung an, die sich saisonal oft nach einer Lieferung durch die zentrale Planstelle sehr ähnelten. Das einzige private Geschäft, damals 1 halbes Jahr nach dem Mauerfall, bot einige Stücke westlicher Damenmode an, die offensichtlich von Wien über Bratislava aus importiert wurde. Den Fortschritt im Waagtal konnte man an der Anzahl westlicher PKWs und der km Distanz von Bratislava aus messen.

Das Hotel Tatra wurde im Jahre 1901 erbaut und hiess „Erzsébet“ (Elizabeth), nach der ermordeten Kaiserin Elisabeth von Österreich oder auch „Sisi“. Das Hotel besass Baron Armin Popper nur vom 1.1.1902 (Eröffnung) bis zum 1.1.1910, weil er es durchs Glücksspiel verlor.

In den 80er Jahren bot das renovierte Hotel Tatra aus der Monarchie am Felsen unter der Burg die Zimmer zu 2 Preislisten an: Eine für Einheimische in Kronen und die andere in Dollar für Touristen. Heute bezahlen die Slowaken in Euros und das Reisebüro bietet Flugreisen in alle Welt an, Abflug von Wieden (Wien-Schwechat): Der Transfer kostet 46 Euro.

Die meisten Häuser der Altstadt sind heute renoviert und eine Bank ist in einem modernen Gebäuden mit unvermeidlicher Glasfassade untergebracht. Im Waffengeschäft hingen die Kalaschnikoffs an der Wand, während im Keller des „Handelsgebäudes“ ein Chinese seine Standardware aus internationalen Containern feilbot. Daneben ist die Disco Tsunami.

Straßencafés und Pubs mit bequemen Sesseln in der Fussgängerzone und internationaler Küche (Mexican, Italian) säumen die Altstadt, wo Einheimische die Ostersonne genossen. Der grosse Stadtplatz wird noch durch eine grosse Synagoge abgeschlossen. Vor dem Stadtturm befand sich ein Ostermarkt mit Ständen für Blumen und Süssigkeiten. Wir gingen die steile überdachte Stiege zur Oberkirche hinauf, die leider geschlossen war aber einen schönen Blick auf die Altstadt bot.

Aus Wikipedia: „Im Jahr 1568 wurden die Pfarrtreppen erwähnt, die der Stadtgarnison als Verbindung von der Stadt zur Marienburg diente. … Damals befand sich auf der Marienburg eine Waffenkammer; man konnte von dort eine über 200 Meter lange Burgmauer erreichen.“

Von der Kirche ging es weiter über den steilen Zugang auf die Burg hinauf.  Wo früher die Zugbrücke stand, befindet sich heute die Eintrittskasse. Laut Tabelle gibt es jede Stunde eine Führung. Die nächste geht in einer Stunde um 13:45, behauptet die Frau auf Slowakisch. Hier steht doch 12:45 und es ist 12:45 sage ich. Man kann nicht auf den Burgturm steigen, aber bis zum Torbrücke gehen. Das genügt, sagen wir, und bekommen die Tickets für 5 Euros.

Als wir in den 80er Jahren unter dem alten Regime diese prächtige Burganlage besichtigten, lag diese in einer Steinwüste und man konnte mit dem Auto bis fast hinauf fahren. Kein Besucher weit und breit, eher ein Platz wo man Abfall entsorgte. An diesem Tag arbeiteten einige Arbeiter an der begrünten Anlage, die gerade für die neue Saison herausgeputzt wurde. Sogar einen Souvenirladen gab es und eine Bühne, wo es offenbar Aufführungen gab. Ein herrlicher Blick in das sich verengende Waagtal bot sich uns, umrandet von den kleinen Karpaten, die allmählich felsige Gipfel zu erkennen gaben. Die Handelsstrasse wurde hier über Jahrhunderte bewacht und es sind schon einige Heere da durchgezogen.

Die Stadt schloss sich ab 1550 der Reformation an und durch den 3o-jährigen Krieg 1618-1648 verstärkte sich der Zuzug der Protestanten. Am Ende dieses leidvollen Bürger- und Religionskrieges kamen die Jesuiten und die Gegenreformation begann.

Die Burg blieb in der Türkenzeit unerobert, während das Umland litt und sie blieb immer in der Hand der Habsburger, trotz einiger Aufstände. 1708 erlitten die Kuruzzen in der Schlacht bei Trentschin eine Niederlage. Als letzte übernahm die rote Armee die Stadt am 10.4.1945 nach dem Rückzug der Deutschen Armee am Ende des 2. Weltkrieges.

PS aus Wikipedia:

Im 1335 geschlossenen Vertrag von Trentschin zwischen Karl von Anjou, König von Ungarn, Johann von Luxemburg, König von Böhmen, sowie Kasimir dem Großen, König von Polen, verzichtete Polen „für alle Zeiten“ auf Schlesien zugunsten des Königreichs Böhmen.

 

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